1.   Alphons Clenin, der Polizist von Twann, fand (finden-fand-gefunden– находить) am Morgen des dritten November neunzehnhundertachtundvierzig (1948) dort, wo die Straße von Lamboing aus dem Walde der Twannbachschlucht hervortritt (выходит из ущелья, hervortreten– выходить наружу, выступать), einen blauen Mercedes, der am Straßenrande stand (у обочины дороги).

Es herrschte Nebel (стоял туман: «господствовал туман»), wie oft in diesem Spätherbst (поздняя осень), und eigentlich (собственно говоря) war Clenin am Wagen schon vorbeigegangen, als er doch wieder zurückkehrte (уже прошел мимо, но все же вернулся).

Es war ihm nämlich beim Vorbeischreiten gewesen (дело в том, что когда он проходил мимо, ему показалось; nämlich– именно; дело в том, что; schreiten– шагать), nachdem er flüchtig durch die trüben Scheiben des Wagens geblickt hatte (бегло взглянул сквозь мутные стекла автомобиля), als sei der Fahrer auf das Steuer niedergesunken (будто водитель опустился на руль).

Er glaubte, dass der Mann betrunken sei (что человек пьян), denn als ordentlicher Mensch (так как, будучи человеком порядочным) kam er auf das Nächstliegende (он подумал о том, что само напрашивалось: «пришел к ближайшему = к самой очевидной идее»).

Er wollte daher dem Fremden nicht amtlich (он захотел с незнакомцем не официально), sondern menschlich begegnen (а по-человечески поговорить, begegnen– встречать).

Er trat mit der Absicht ans Automobil (он подошел с этим намерением), den Schlafenden zu wecken (разбудить спящего), ihn nach Twann zu fahren (отвезти его в Тванн) und im Hotel Bären (гостиница «Медведь») bei schwarzem Kaffee und einer Mehlsuppe (мучной суп) nüchtern (отрезвить) werden zu lassen; denn es war zwar verboten (так как это хоть и было запрещено), betrunken zu fahren, aber nicht verboten, betrunken in einem Wagen, der am Straßenrande stand, zu schlafen. Clenin öffnete die Wagentür (открыл дверь автомобиля) und legte dem Fremden die Hand väterlich auf die Schultern ( положил по-отечески руку на плечи незнакомцу). Er bemerkte jedoch im gleichen Augenblick (он заметил, однако, в тот же миг), dass der Mann tot war (был мертв).

1.   Alphons Clenin, der Polizist von Twann, fand am Morgen des dritten November neunzehnhundertachtundvierzig dort, wo die Straße von Lamboing aus dem Walde der Twannbachschlucht hervortritt, einen blauen Mercedes, der am Straßenrande stand.

Es herrschte Nebel, wie oft in diesem Spätherbst, und eigentlich war Clenin am Wagen schon vorbeigegangen, als er doch wieder zurückkehrte.

Es war ihm nämlich beim Vorbeischreiten gewesen, nachdem er flüchtig durch die trüben Scheiben des Wagens geblickt hatte, als sei der Fahrer auf das Steuer niedergesunken.

Er glaubte, dass der Mann betrunken sei, denn als ordentlicher Mensch kam er auf das Nächstliegende.

Er wollte daher dem Fremden nicht amtlich, sondern menschlich begegnen.

Er trat mit der Absicht ans Automobil, den Schlafenden zu wecken, ihn nach Twann zu fahren und im Hotel Bären bei schwarzem Kaffee und einer Mehlsuppe nüchtern werden zu lassen; denn es war zwar verboten, betrunken zu fahren, aber nicht verboten, betrunken in einem Wagen, der am Straßenrande stand, zu schlafen. Clenin öffnete die Wagentür und legte dem Fremden die Hand väterlich auf die Schultern. Er bemerkte jedoch im gleichen Augenblick, dass der Mann tot war.

2.   Die Schläfen waren durchschossen (виски были прострелены). Auch sah Clenin jetzt (также видел сейчас), dass die rechte Wagentüre offen stand (правая дверь открыта).

Im Wagen war nicht viel Blut (кровь), und der dunkelgraue Mantel, den die Leiche trug (в машине было немного крови и темносерое пальто на покойнике), schien nicht einmal beschmutzt (не казалось даже запачканным).

Aus der Manteltasche (карман пальто) glänzte der Rand (блестел край) einer gelben Brieftasche (бумажник).

Clenin, der sie hervorzog (вытащил, hervorziehen; hervor – наружу), konnte ohne Mühe feststellen (смог без усилия установить), dass es sich beim Toten um Ulrich Schmied handelte (что покойный был …; es handelt sich um… – речьидето…), Polizeileutnant der Stadt Bern.

2.   Die Schläfen waren durchschossen. Auch sah Clenin jetzt, dass die rechte Wagentüre offen stand.

Im Wagen war nicht viel Blut, und der dunkelgraue Mantel, den die Leiche trug, schien nicht einmal beschmutzt.

Aus der Manteltasche glänzte der Rand einer gelben Brieftasche.

Clenin, der sie hervorzog, konnte ohne Mühe feststellen, dass es sich beim Toten um Ulrich Schmied handelte, Polizeileutnant der Stadt Bern.

3.   Clenin wusste nicht recht (не знал «как следует», не знал точно, wissen – знать), was er tun sollte (что должен делать).

Als Dorfpolizist (как деревенский полицейский) war ihm ein so blutiger Fall (кровавый случай) noch nie vorgekommen (не случался = не приходилось иметь дело).

Er lief am Straßenrande hin und her (взад-вперед). Als die aufgehende Sonne (восходящее солнце) durch den Nebel brach (пробилось сквозь туман, brechen-brach-gebrochen – ломать) und den Toten beschien, war ihm das unangenehm (осветило покойника, ему это было неприятно).

Er kehrte zum Wagen zurück, hob den grauen Filzhut auf, der zu Füßen der Leiche lag (поднял фетровую шляпу, лежащую у ног трупа, heben-hob-gehoben – поднимать), und drückte ihr (натянул ему /трупу – die Leiche/) den Hut über den Kopf, so tief (так глубоко), dass er die Wunde an den Schläfen (рана на висках) nicht mehr sehen konnte (не мог больше видеть), dann war ihm wohler (успокоился: «ему стало лучше»).

3.   Clenin wusste nicht recht, was er tun sollte.

Als Dorfpolizist war ihm ein so blutiger Fall noch nie vorgekommen.

Er lief am Straßenrande hin und her. Als die aufgehende Sonne durch den Nebel brach und den Toten beschien, war ihm das unangenehm.

Er kehrte zum Wagen zurück, hob den grauen Filzhut auf, der zu Füßen der Leiche lag, und drückte ihr den Hut über den Kopf, so tief, dass er die Wunde an den Schläfen nicht mehr sehen konnte, dann war ihm wohler.

4.   Der Polizist ging wieder zum andern Straßenrand (на другую сторону дороги), der gegen Twann lag, und wischte sich den Schweiß von der Stirne (и вытер пот со лба).

Dann fasste er einen Entschluss (принял, fassen – хватать, охватывать; den Entschluss fassen – принимать/решение/).

Er schob den Toten (подвинул, schieben-schob-geschoben – толкать, двигать) auf den zweiten Vordersitz (второе переднее место), setzte ihn sorgfältig aufrecht (аккуратно усадил его прямо), befestigte den leblosen Körper mit einem Lederriemen (заботливо закрепил безжизненное тело кожаным ремнем), den er im Wageninnern gefunden hatte (который нашел в багажнике), und rückte selbst ans Steuer (сам сел за руль; rücken – двигать, передвигать).

4.   Der Polizist ging wieder zum andern Straßenrand, der gegen Twann lag, und wischte sich den Schweiß von der Stirne.

Dann fasste er einen Entschluss.

Er schob den Toten auf den zweiten Vordersitz, setzte ihn sorgfältig aufrecht, befestigte den leblosen Körper mit einem Lederriemen, den er im Wageninnern gefunden hatte, und rückte selbst ans Steuer.

5.   Der Motor lief nicht mehr (мотор не заводился), doch brachte Clenin den Wagen ohne Mühe die steile Straße nach Twann (доставил без труда по крутой дороге, bringen-brachte-gebracht – приводить) hinunter vor den Bären (гостиница «Медведь»).

Dort ließ er tanken (заправился), ohne dass jemand in der vornehmen und unbeweglichen Gestalt einen Toten erkannt hätte (при этом никто в благопристойной и неподвижной фигуре не распознал мертвеца). Das war Clenin, der Skandale hasste, nur recht, und so schwieg er (это устраивало Кленина, который ненавидел скандалы, поэтому он молчал, schweigen-schwieg-geschwiegen).

Wie er jedoch den See entlang gegen Biel fuhr (когда он ехал вдоль озера по направлению к Билю), verdichtete sich der Nebel wieder (туман снова сгустился), und von der Sonne war nichts mehr zu sehen (и солнца совсем не стало видно).

Der Morgen wurde finster wie der Letzte Tag (утро стало мрачное как последний день /Страшного суда/).

Clenin geriet mitten in eine lange Automobilkette (угодил в длинную вереницу машин, geraten-geriet-geraten– попасть), ein Wagen hinter dem andern, die aus einem unerklärlichen Grunde noch langsamer fuhr (по непонятной причине двигающуюся еще медленней; erklären– объяснять), als es in diesem Nebel nötig gewesen wäre (чем было бы необходимо из-за тумана), fast ein Leichenzug, wie Clenin unwillkürlich dachte (почти как похоронный кортеж, невольно подумалось).

Der Tote saß bewegungslos neben ihm (покойник сидел неподвижно рядом с ним, bewegen– двигать) und nur manchmal bei einer Unebenheit der Straße (и только иногда на неровностях дороги, eben– ровный) etwa (например), nickte er mit dem Kopf wie ein alter, weiser Chinese (он покачивал головой, как старый, мудрый китаец), so dass Clenin es immer weniger zu versuchen wagte, die andern Wagen zu überholen (все меньше осмеливался обогнать другие автомобили).

Sie erreichten Biel mit großer Verspätung (достигли Биля с большим опозданием).

5.   Der Motor lief nicht mehr, doch brachte Clenin den Wagen ohne Mühe die steile Straße nach Twann hinunter vor den Bären.

Dort ließ er tanken, ohne dass jemand in der vornehmen und unbeweglichen Gestalt einen Toten erkannt hätte. Das war Clenin, der Skandale hasste, nur recht, und so schwieg er.

Wie er jedoch den See entlang gegen Biel fuhr, verdichtete sich der Nebel wieder, und von der Sonne war nichts mehr zu sehen.

Der Morgen wurde finster wie der Letzte Tag.

Clenin geriet mitten in eine lange Automobilkette, ein Wagen hinter dem andern, die aus einem unerklärlichen Grunde noch langsamer fuhr, als es in diesem Nebel nötig gewesen wäre, fast ein Leichenzug, wie Clenin unwillkürlich dachte.

Der Tote saß bewegungslos neben ihm und nur manchmal, bei einer Unebenheit der Straße etwa, nickte er mit dem Kopf wie ein alter, weiser Chinese, so dass Clenin es immer weniger zu versuchen wagte, die andern Wagen zu überholen.

Sie erreichten Biel mit großer Verspätung.

6.   Während man die Untersuchung (в то время, как расследование дела) der Hauptsache nach (по сути) von Biel aus einleitete (инициировалось из Биля), wurde in Bern der traurige Fund Kommissär Bärlach übergeben, der auch Vorgesetzter des Toten gewesen war (в Берне передали о печальной находке комиссару Берлаху, который был к тому же непосредственным начальником убитого).

Bärlach hatte lange im Auslande gelebt (долгое время жил за границей) und sich in Konstantinopel und dann in Deutschland als bekannter Kriminalist hervorgetan (и выдвинулся, отличился как известный криминалист в Константинополе, а затем в Германии).

Zuletzt war er der Kriminalpolizei Frankfurt am Main vorgestanden (напоследок он возглавлял уголовную полицию во Франкфурте на Майне), doch kehrte er schon dreiunddreißig in seine Vaterstadt zurück (но уже в 1933 году вернулся в свой родной город).

Der Grund seiner Heimreise war nicht so sehr seine Liebe zu Bern (причина возвращения была не столько любовь к Берну), das er oft sein goldenes Grab nannte (который он часто называл золотой могилой), sondern eine Ohrfeige gewesen, die er einem hohen Beamten der damaligen neuen deutschen Regierung gegeben hatte (а одна пощечина, которую он дал высокопоставленному чиновнику тогдашнего нового немецкого правительства).

In Frankfurt wurde damals über diese Gewalttätigkeit viel gesprochen (во Франфурте тогда много говорили об этом акте насилия, die Gewalt – насилие; die Tätigkeit – деятельность), und in Bern bewertete man sie, je nach dem Stand der europäischen Politik (а в Берне его /этот акт/ оценивали в зависимости от полической обстановки), zuerst als empörend (сначала как возмутительный), dann als verurteilenswert (потом как достойный осуждения, das Urteil – суждение, приговор; verurteilen – осуждать), aber doch noch begreiflich (но все же понятный, greifen – хватать; begreifen – постигать), und endlich sogar als die einzige für einen Schweizer mögliche Haltung (и наконец даже как единственно возможный, для швейцарца поступок, die Haltung – вид, осанка; манерадержатьсебя; позиция); dies aber erst fünfundvierzig (но это только в 45-ом).

6.   Während man die Untersuchung der Hauptsache nach von Biel aus einleitete, wurde in Bern der traurige Fund Kommissär Bärlach übergeben, der auch Vorgesetzter des Toten gewesen war.

Bärlach hatte lange im Auslande gelebt und sich in Konstantinopel und dann in Deutschland als bekannter Kriminalist hervorgetan. Zuletzt war er der Kriminalpolizei Frankfurt am Main vorgestanden, doch kehrte er schon dreiunddreißig in seine Vaterstadt zurück.

Der Grund seiner Heimreise war nicht so sehr seine Liebe zu Bern, das er oft sein goldenes Grab nannte, sondern eine Ohrfeige gewesen, die er einem hohen Beamten der damaligen neuen deutschen Regierung gegeben hatte.

In Frankfurt wurde damals über diese Gewalttätigkeit viel gesprochen, und in Bern bewertete man sie, je nach dem Stand der europäischen Politik, zuerst als empörend, dann als verurteilenswert, aber doch noch begreiflich, und endlich sogar als die einzige für einen Schweizer mögliche Haltung; dies aber erst fünfundvierzig.

7.   Das erste, was Bärlach im Fall Schmied tat (что сделал Берлах по делу Шмидта), war, dass er anordnete, die Angelegenheit die ersten Tage geheim zu behandeln (распорядился, чтобы дело обрабатывалось секретно) – eine Anordnung, die er nur mit dem Einsatz seiner ganzen Persönlichkeit durchzubringen vermochte (распоряжение, для выполнения которого потребовало пустить в ход весь свой авторитет: «которое он лишь при задействовании всей своей личности протолкнуть /провести/ смог»).

»Man weiß zu wenig (известно слишком мало) und die Zeitungen sind sowieso das Überflüssigste (все равно самое излишнее), was in den letzten zweitausend Jahren erfunden worden ist (из того, что было изобретено за последние две тысячи лет)«, meinte er.

Bärlach schien sich von diesem geheimen Vorgehen offenbar viel zu versprechen (Берлах, казалось, ожидал от этих негласных действий многообещающего, scheinen-schien-geschienen – казаться; das Vorgehen – образдействий; geheim – тайный; versprechen – обещать), im Gegensatz zu seinem »Chef«, Dr. Lucius Lutz, der auch auf der Universität über Kriminalistik las (в противоположность своему "шефу", доктору Луциусу Лутцу, который читал  лекции по криминалистике в университете).

Dieser Beamte, in dessen stadtbernisches Geschlecht ein Basler Erbonkel wohltuend eingegriffen hatte (этот чиновник, на бернский род которого благотворно повлиял богатый дядюшка из Базеля, erben – наследовать; eingreifen – вмешиваться, приниматьмеры), war eben von einem Besuch der New Yorker und Chicagoer Polizei nach Bern zurückgekehrt (только что вернулся в Берн после посещения нью-йоркской и чикагской полиции) und erschüttert »über den vorweltlichen Stand der Verbrecherabwehr der schweizerischen Bundeshauptstadt (и был потрясен «доисторическим» состоянием борьбы с преступностью в столице Швейцарской федерации, der Verbrecher – преступник; die Abwehr – защита)«, wie er zu Polizeidirektor Freiberger anlässlich einer gemeinsamen Heimfahrt im Tram offen sagte (как он открыто заявил директору полиции Фрейбергеру, когда однажды они вместе возвращались домой в трамвае: «по поводу совместной поездки домой»).

7.   Das erste, was Bärlach im Fall Schmied tat, war, dass er anordnete, die Angelegenheit die ersten Tage geheim zu behandeln – eine Anordnung, die er nur mit dem Einsatz seiner ganzen Persönlichkeit durchzubringen vermochte.

»Man weiß zu wenig und die Zeitungen sind sowieso das Überflüssigste, was in den letzten zweitausend Jahren erfunden worden ist«, meinte er.

Bärlach schien sich von diesem geheimen Vorgehen offenbar viel zu versprechen, im Gegensatz zu seinem »Chef«, Dr. Lucius Lutz, der auch auf der Universität über Kriminalistik las.

Dieser Beamte, in dessen stadtbernisches Geschlecht ein Basler Erbonkel wohltuend eingegriffen hatte, war eben von einem Besuch der New Yorker und Chicagoer Polizei nach Bern zurückgekehrt und erschüttert »über den vorweltlichen Stand der Verbrecherabwehr der schweizerischen Bundeshauptstadt«, wie er zu Polizeidirektor Freiberger anlässlich einer gemeinsamen Heimfahrt im Tram offen sagte.

8.   Noch am gleichen Morgen (в то же утро) ging Bärlach – nachdem er noch einmal mit Biel telephoniert hatte (еще раз поговорив по телефону с Билем, nachdem – послетого, как) – zu der Familie Schönler an der Bantigerstraße, wo Schmied gewohnt hatte (к семье Шенлер, на Бантигерштрассе, где жил Шмидт). Bärlach schritt zu Fuß die Altstadt hinunter und über die Nydeggbrücke (Берлах прошел пешком старый город и мост Нюдегбрюке), wie er es immer gewohnt war (как он всегда обычно делал, ich bin es gewohnt – япривыккэтому), denn Bern war seiner Ansicht nach eine viel zu kleine Stadt für »Trams und dergleichen« (так как на его взгляд Берн был слишком маленьким городом для трамваев и тому подобных вещей).

8.   Noch am gleichen Morgen ging Bärlach – nachdem er noch einmal mit Biel telephoniert hatte – zu der Familie Schönler an der Bantigerstraße, wo Schmied gewohnt hatte. Bärlach schritt zu Fuß die Altstadt hinunter und über die Nydeggbrücke, wie er es immer gewohnt war, denn Bern war seiner Ansicht nach eine viel zu kleine Stadt für »Trams und dergleichen«.

9.   Die Haspeltreppen stieg er etwas mühsam hinauf (крутые лестницы он одолел с трудом, die Haspel – лебедка, ворот), denn er war über sechzig (ему было за шестьдесят) und spürte das in solchen Momenten (и в такие моменты он это чувствовал); doch befand er sich bald vor dem Hause Schönler und läutete (но вскоре он оказался перед домом Шенлеров и позвонил).

Es war Frau Schönler selbst, die öffnete (госпожа Шенлер открыла дверь сама), eine kleine, dicke, nicht unvornehme Dame (маленькая, полная, не лишенная достоинства дама, vornehm – благородный/вманерах/), die Bärlach sofort einließ (сразу впустила), da sie ihn kannte (так как она его знала).

9.   Die Haspeltreppen stieg er etwas mühsam hinauf, denn er war über sechzig und spürte das in solchen Momenten; doch befand er sich bald vor dem Hause Schönler und läutete.

Es war Frau Schönler selbst, die öffnete, eine kleine, dicke, nicht unvornehme Dame, die Bärlach sofort einließ, da sie ihn kannte.

10.   »Schmied musste diese Nacht dienstlich verreisen«, sagte Bärlach – (Шмид должен был ночью уехать в командировку, – сказал Берлах, der Dienst – служба; dienstlich – служебный), »ganz plötzlich musste er gehen (совсем неожиданно должен был уехать), und er hat mich gebeten, ihm etwas nachzuschicken (и попросил меня кое-что послать ему вслед, bitten-bat-gebeten). Ich bitte Sie, mich in sein Zimmer zu führen, Frau Schönler (проводите меня, пожалуйста, в его комнату).«

Die Dame nickte, und sie gingen durch den Korridor an einem großen Bilde in schwerem Goldrahmen vorbei (дама кивнула, и они пошли по коридору мимо большой картины в тяжелой золоченой раме). Bärlach schaute hin, es war die Toteninsel (Берлах посмотрел на нее, это был Остров мертвых).

10.   »Schmied musste diese Nacht dienstlich verreisen«, sagte Bärlach, »ganz plötzlich musste er gehen, und er hat mich gebeten, ihm etwas nachzuschicken. Ich bitte Sie, mich in sein Zimmer zu führen, Frau Schönler.«

Die Dame nickte, und sie gingen durch den Korridor an einem großen Bilde in schwerem Goldrahmen vorbei. Bärlach schaute hin, es war die Toteninsel.

11.   »Wo ist Herr Schmied denn?« fragte die dicke Frau, indem sie das Zimmer öffnete (а где же господин Шмидт? – спросила полная женщина, открывая комнату).

»Im Ausland«, sagte Bärlach und schaute nach der Decke hinauf (за границей, – ответил Берлах, разглядывая потолок, глядя вверх на потолок).

Das Zimmer lag zu ebener Erde (комната была расположена на уровне земли), und durch die Gartentüre (и через садовую калитку) sah man in einen kleinen Park, in welchem alte, braune Tannen standen (ели, die Tanne), die krank sein mussten, denn der Boden war dicht mit Nadeln bedeckt (должно быть, были больны, так как почва, земля под ними была густо усыпана хвоей, die Nadel – иголка). Es musste das schönste Zimmer des Hauses sein (это, наверное, была лучшая комната в доме: «должна была быть»).

11.   »Wo ist Herr Schmied denn?« fragte die dicke Frau, indem sie das Zimmer öffnete.

»Im Ausland«, sagte Bärlach und schaute nach der Decke hinauf.

Das Zimmer lag zu ebener Erde, und durch die Gartentüre sah man in einen kleinen Park, in welchem alte, braune Tannen standen, die krank sein mussten, denn der Boden war dicht mit Nadeln bedeckt. Es musste das schönste Zimmer des Hauses sein.

12.   Bärlach ging zum Schreibtisch und schaute sich aufs neue um (Берлах подошел к письменному столу и снова огляделся).

Auf dem Diwan lag eine Krawatte des Toten (лежал галстук убитого).

»Herr Schmied ist sicher in den Tropen ( конечно в тропиках), nicht wahr (не так ли), Herr Bärlach«, fragte ihn Frau Schönler neugierig (любопытствуя, neugierig – любопытствующий: die Neugier – любопытство; die Gier – жадность, алчность).

Bärlach war etwas erschrocken (Берлах немножко испугался: «был испуган», erschrecken-erschrak-erschrocken):

»Nein, er ist nicht in den Tropen, er ist mehr in der Höhe (нет он не в тропиках, скорее «на высоте»)«.

Frau Schönler machte runde Augen und schlug die Hände über dem Kopf zusammen (сделала круглые глаза и всплеснула руками).

»Mein Gott, im Himalaya?«

12.   Bärlach ging zum Schreibtisch und schaute sich aufs neue um.

Auf dem Diwan lag eine Krawatte des Toten.

»Herr Schmied ist sicher in den Tropen, nicht wahr, Herr Bärlach«, fragte ihn Frau Schönler neugierig. Bärlach war etwas erschrocken:

»Nein, er ist nicht in den Tropen, er ist mehr in der Höhe.«

Frau Schönler machte runde Augen und schlug die Hände über dem Kopf zusammen.

»Mein Gott, im Himalaya?«

13.   »So ungefähr (приблизительно)«, sagte Bärlach,

»Sie haben es beinahe erraten (Вы почти угадали).«

Er öffnete eine Mappe, die auf dem Schreibtisch lag (он раскрыл папку, лежавшую на письменном столе), und die er sogleich unter den Arm klemmte (и сразу же сунул ее под мышку, klemmen – зажимать).

»Sie haben gefunden, was Sie Herrn Schmied nachschicken müssen (Вы нашли то, что должны послать господину Шмиду)?«

»Das habe ich (да, нашел).«

13.   »So ungefähr«, sagte Bärlach, »Sie haben es beinahe erraten.«

Er öffnete eine Mappe, die auf dem Schreibtisch lag, und die er sogleich unter den Arm klemmte.

»Sie haben gefunden, was Sie Herrn Schmied nachschicken müssen?«

»Das habe ich.«

14.   Er schaute sich noch einmal um, vermied es aber, ein zweites Mal nach der Krawatte zu blicken (он еще раз огляделся, избегая смотреть на галстук, vermeiden).

»Er ist der beste Untermieter, den wir je gehabt haben (это лучший жилец, которого мы когда-либо имели, mieten – снимать/например, квартиру/), und nie gab's Geschichten mit Damen oder so (и никогда никаких историй с женщинами или в этом роде)«, versicherte Frau Schönler (заверила, sicher – уверенный; надежный).

Bärlach ging zur Türe:

»Hin und wieder werde ich einen Beamten schicken oder selber kommen (время от времени я буду присылать служащего или заходить сам). Schmied hat noch wichtige Dokumente hier, die wir vielleicht brauchen (у Шмида здесь есть еще важные документы, которые нам, возможно, понадобятся).«

»Werde ich von Herrn Schmied eine Postkarte aus dem Ausland erhalten (я получу от господина Шмида открытку из-за границы)?« wollte Frau Schönler noch wissen (захотела узнать). »Mein Sohn sammelt Briefmarken (собирает марки)«

14.   Er schaute sich noch einmal um, vermied es aber, ein zweites Mal nach der Krawatte zu blicken.

»Er ist der beste Untermieter, den wir je gehabt haben, und nie gab's Geschichten mit Damen oder so«, versicherte Frau Schönler.

Bärlach ging zur Türe:

»Hin und wieder werde ich einen Beamten schicken oder selber kommen. Schmied hat noch wichtige Dokumente hier, die wir vielleicht brauchen.«

»Werde ich von Herrn Schmied eine Postkarte aus dem Ausland erhalten?« wollte Frau Schönler noch wissen. »Mein Sohn sammelt Briefmarken.«

15.   Aber Bärlach runzelte die Stirne und bedauerte, indem er Frau Schönler nachdenklich ansah (но Берлах наморщил лоб и с сожалением ответил, задумчиво глядя на фрау Шенлер, bedauern – выражатьсожаление):

»Wohl kaum (вряд ли), denn von solchen dienstlichen Reisen schickt man gewöhnlich keine Postkarten (так как из таких служебных командировок обычно не посылают открыток). Das ist verboten (это запрещено).«

Da schlug Frau Schönler aufs neue die Hände über dem Kopf zusammen und meinte verzweifelt (тут фрау Шенлер снова всплеснула руками и в отчаянии воскликнула):

»Was die Polizei nicht alles verbietet (и чего только полиция не запрещает)!«

Bärlach ging und war froh, aus dem Hause hinaus zu sein (Берлах вышел и был рад выбраться из этого дома).

15.   Aber Bärlach runzelte die Stirne und bedauerte, indem er Frau Schönler nachdenklich ansah:

»Wohl kaum, denn von solchen dienstlichen Reisen schickt man gewöhnlich keine Postkarten. Das ist verboten.«

Da schlug Frau Schönler aufs neue die Hände über dem Kopf zusammen und meinte verzweifelt:

»Was die Polizei nicht alles verbietet!«

Bärlach ging und war froh, aus dem Hause hinaus zu sein.